RAF-Flugbetrieb 1954 - 1999

6. Lärmentwicklung in Laarbruch im Vergleich (1954 bis 2005)

Aktuell finden auf dem Airport Weeze (Niederrhein) etwa 20 Flugbewegungen pro Tag statt. Im Jahresdurchschnitt ergeben sich daraus knapp 7.500 Flugbewegungen. Gegenüber dem langjährigen Mittelwert von 105.000 "Lärmereignissen" um Laarbruch stellt dies eine sehr geringe Belastung dar. Während in der Phase I auf Laarbruch durchschnittlich knapp 60 Jets der Royal Air Force stationiert waren, mussten zu V-Bird-Zeiten (2003-2004) lediglich 4 viel leisere, zivile Maschinen untergebracht werden. Gegenwärtig sind in Weeze gar keine Flug- zeuge fest stationiert (Stand: April 2005).

Ein Vergleich hinsichtlich der Lärmentwicklung muss auch in qualitativer Hinsicht erfolgen. Zu diesem Zweck soll zunächst auf eine Untersuchung der Abgeordneten Angelika Beer, Winfried Nachtwei und Albert Schmidt verwiesen werden, die 1998 als sogenannte "kleine Anfrage" der Fraktion der "Bündnis 90/Die Grünen" im Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Es ging dabei um den Bundeswehr-Flugplatz Lechfeld, auf dem seinerzeit Jagd- bomber vom Typ "Tornado" stationiert waren; exakt das gleiche Flugzeugmuster bestimmte von 1983 bis 1992 auch die Szene auf Laarbruch. Der Einsatz der Jets und die Ausbildung der Piloten erfolgte auf dem deutschen Luftwaffenstützpunkt nach dem gleichen NATO-Standard wie auf Laarbruch. Lechfeld ist zwar ein kleinerer Flugplatz mit weniger Jets, in qualitativer Hinsicht ist die Situation allerdings gut mit der späteren Phase I auf Laarbruch zu vergleichen, wobei eingeschränkt werden muss, dass die Tornados der Bundesluftwaffe mit Rücksicht auf die Bevölkerung in ihrer Leistung gedrosselt sind; außerdem bewegt sich die Ausbildungsintensität der deutschen Piloten nahe der von der NATO vorgegebenen Minimal- zahl von Flugstunden, während die Piloten der RAF traditionell ein deutlich intensiveres Praxistrainig absolvieren.

In dem Bericht wird angeführt, dass die Jagdbomber "beim Start einen Maximalpegel von 100 bis 115 Dezibel und bei den Platzrunden einen Pegel von 85 bis 95 Dezibel erreichen". Und weiter: "Eines der größten Lärmprobleme im Umkreis von Lechfeld sind die sogenannten Formationsstarts ("formation take off"). Der dabei auftretende Lärmpegel überschreitet im Maximum sogar 120 Dezibel. Die Dauer der dadurch verursachten Lärmschleppe beträgt ca. 1 Minute und 50 Sekunden. Für ein damit belastetes Kind kann dies die Zerstörung von Teilen des Innenohrs bedeuten" (Quelle: http://www.fluglaerm.de/bvf/politik/bt_13_9676.pdf).

Formationsstarts werden von den NATO-Verbänden regelmäßig geübt. Sinn dieser Übung ist es, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Jets in die Luft zu bekommen. Da man bei einem Überraschungsangriff mit sehr kurzen Vorwarnzeiten rechnen durfte, wurde dem Training dieses Manövers insbesondere in Zeiten des "Kalten Krieges" erhebliche Bedeutung beige- messen. Die NATO-Strategen gingen davon aus, dass die Flughäfen der Verbündeten im Kriegsfall sofort angegriffen würden. Daher war es für die eigenen Abfangjäger und die zum Gegenschlag bereitstehenden Jagdbomber wichtig, möglichst schnell und in großer Zahl "airborne" zu sein. Für die Anwohner des Flugplatzes Laarbruch stellten derartige Manöver, insbesondere in der Phase I, eine enorme Lärmbelastung dar, zumal in kürzester Zeit bis zu 35 Jets in die Luft zu bringen waren. Die Analyse der "Grünen/Bündnis 90" beschreibt die Situation in der Phase I sehr treffend

Obwohl es in den 80er Jahren noch keine organisierte Gegnerschaft gegen den Flughafen Laarbruch gab, waren die Klagen der Anwohner über den Flugbetrieb der RAF Anlass genug für ein Lärmgutachten, das die Gemeinde Weeze Ende 1987 beim zuständigen Landes- ministerium beantragt hat. Im November/Dezember des Jahres 1987 installierte die “Landes- anstalt für Immissionsschutz“ im Auftrag des “Ministers für Umwelt, Raumordnung und Land- wirtschaft“ des Landes Nordrhein Westfalen vorübergehend 5 Lärm-Messstationen rund um den Flugplatz Laarbruch. Dabei wurden Lärm-Werte von bis zu 115 dB(A) gemessen (Quelle: Rheinische Post Geldern vom 9. April 1988). Diese Untersuchung bestätigt eindrucksvoll, welcher Belastung die Weezer Bevölkerung in der Phase I ausgesetzt war.

Für die Phase II möchten wir ferner auf Messwerte aus Gütersloh zurückgreifen, wo schon in den 80er Jahren regelmäßige Lärmmessungen vorgenommen wurden; eine detaillierte Aus- wertung der Daten hat die Fachhochschule Lippe vorgelegt (s. u.). In Gütersloh waren exakt die Harrier-Jets stationiert, die 1992 nach Laarbruch verlegt wurden. In der Einflugschneise gab es mehrere Messstationen; die nächsten standen in 2 km Entfernung vom Flugplatz. Dort wurde der Spitzenwert mit 117 db(A) gemessen. Werte über 100 db(A) waren dort an der Tagesordnung (Quelle: http://www.ee.fh-lippe.de/umblick/guetersloh/kap_c/09/).


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Jaguar-Jets der 2. Squadron reihen sich zum Formationsstart auf. Derartige Massenstarts liefen so ab, dass die Jets paarweise und in kürzesten Abständen starteten
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Laarbruch 1984.
Foto: Hal Palmer


Zwei "Jaguar"-Jets der 2. Squadron aus Laar- bruch beim Formationsstart. Vorne die normale Version des "Jaguars", der 1988 durch den "Tornado" ersetzt wurde, dahinter die zwei- sitzige Trainerversion. Derartige Formations- starts waren an der Tagesordnung und ver- ursachten heute nicht mehr vorstellbare Spitzenwerte in Sachen Lärmbelastung, zumal bei Starts dieses Flugzeugtyps die Nutzung des Nachbrenners obligatorisch ist.
Foto: Jürgen Knizia, 1984.


Auf Laarbruch konnten zwei Jets gleichzeitig starten (sogenannter Formationsstart). Bei Mas- senstarts folgte das nächste Paar im Abstand von weniger als einer Minute (s. nächstes Foto). So konnten bis zu 35 Jets in weniger als 15 Minuten abgefertigt werden. Laarbruch 1991.
Foto: Hal Palmer


Ein gemischter Verband Tornados kurz vor ei- nem Formationsstart. Die Maschine an der
Spitze trägt die normale Lackierung der 13. Sqn., während die anderen Jets (16. Sqn.) noch mit Wüstentarnung versehen sind. Laarbruch 1991. Foto: Hal Palmer