Der Schock aus Münster

Gibt es noch einen Ausweg für den Flughafen Laarbruch? Seit gestern steht das Projekt auf der Kippe. (Foto: Thomas Momsen)Wolfgang Spreen hält sich zum OVG-Urteil zurück. Noch.

Politiker, Bürger und Juristen wurden von Aufhebung der Betriebsgenehmigung des Flughafens Niederrhein sehr überrascht. Weezes Bürgermeister Franken: "Ein dicker Hammer"

KREIS KLEVE. Die Nachricht kam überraschend und wirkte auf etliche wie ein Schock: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Genehmigung für die zivile Nutzung des Flughafens Niederrhein gestern aufgehoben. Nicht nur das: Eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde ausdrücklich nicht zugelassen. Das Gericht stützt sich in seiner Begründung auf erhebliche Mängel, die unter anderem mit mangelndem Lärmschutz erklärt werden.

Zentraler Punkt des Urteils ist ein anderer Aspekt: Die flugrechtliche Genehmigung erlaube die ungehinderte Nutzung für den Tourismusflug praktisch bis zur Grenze der Kapazität, "ohne dass dabei die Wahrung des Ziels eines eurgeionalen Zentrums in Verbindung von Luftverkehr, Gewerbe und Logistik gewährleistet ist". Die Richter argumentieren, dass dem Flughafenbetreiber weithin unbegrenzte Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt worden seien, die derzeit kaum genutzt würden.

Die Bezirksregierung werde die Urteilsbegründung abwarten und sie dann analysieren, betonte deren Sprecher Bernd Hamacher: "Dann werden wir prüfen, ob eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird." Derartige Beschwerden hätten erfahrungsgemäß wenig Erfolg, sagte Dr. Martin Schnell, Sprecher des OVG Münster, auf NRZ-Nachfrage. Und er ist nicht der einzige Jurist, der die Rechtslage so einschätzt. Rechtsanwalt Johannes Bohl, der die Kläger - sprich die Aktionsgemeinschaft gegen Fluglärm - vertritt, geht davon aus, dass die Erfolgsaussichten sehr gering sind: "Es besteht die begründete Hoffnung, dass das Urteil rechtskräftig wird." Der Kevelaerer Ahmed Siegel, Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft, kündigt an, dass er über die Kanzlei Bohl Kontakt zur Bezirksregierung aufgenommen hat, mit dem Ziel, den weiteren Flugverkehr zu unterbinden. "Die Aufhebung der Genehmigung ist auch wichtig im Hinblick auf die fehlende Wirtschaftlichkeit des Flughafens", ergänzt Rechtsanwalt Bohl: "Der Betrieb war nur durch hohe Subventionierung möglich", spielt er nicht nur aber auch auf die 24-Millionen-Euro-Kredite des Kreises Kleve an.

Trotz dieser Kredite sei es dem Flughafen nicht gelungen, eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage zu schaffen. Ahmed Siegel fordert die Landesregierung, den Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze auf, "umgehend eine alternative Nutzung des Geländes zu entwickeln, die mit den Interessen der Region und der Bewohner vereinbar sind." Und: "Jeder weitere Tag Flugbetrieb wäre eine unverantwortliche Verschwendung von Steuergeldern."

Der Verwalter der Kreis-Finanzen, Landrat Wolfgang Spreen, will sich zu dem Urteil nicht äußern. Er will erst die Urteilsbegründung abwarten.

Weezes Bürgermeister Ulrich Francken äußerte sich so: "Man soll die Flinte ja nicht ins Korn werfen. Aber ein dicker Hammer ist das schon", sagte er im NRZ-Gespräch. Die Aufhebung der Betriebsgenehmigung durch das Gericht aus Münster habe er so jedenfalls nicht erwartet. Auch deshalb nicht, "weil das Gericht in einem Kernsatz erklärt, es spreche nichts dafür, dass einer Zulassung des zivilen Flugverkehrs auf dem ehemaligen Militärflugplatz unüberwindliche Gründe entgegenstehen´".

Das Urteil wollte er vor allem deshalb nicht weiter kommentieren, weil er die Begründung noch nicht gelesen hat. Die Zeit müsse genutzt werden, um im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Francken: "Ich werde alles in meinen Möglichkeiten stehende tun, um den Betrieb dauerhaft sicherzustellen."

Flughafengeschäftsführer Ludger van Bebber läßt das Urteil nahezu kalt. Er geht weiter von einem erfolgreichen Wachstum des Flughafens aus.



03.01.2006 GABY BOCH MARKUS KAMINSKI