Es wird weiter geflogen - vorerst

ENTSCHEIDUNG. Flughafen-Urteil des Oberverwaltungsgerichts: Bundesverwaltungsgericht hat gestern die Revison zugelassen.

KREIS KLEVE. Darauf haben die Verantwortlichen lange gewartet - exakt 13 Monate: Gestern hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zugelassen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung, wie es in einer Pressemitteilung aus Leipzig heißt. Und auch, dass das Revisionsverfahren dazu beitragen könne, die Rechtsprechung zu den rechtlichen Anforderungen an Änderungsgenehmigungen für die zivile Nutzung eines ehemaligen Militärflughafens weiter zu entwickeln.

Flüge können weiter gebucht werden
Für Fluggäste heißt die Entscheidung: Sie können für dieses Jahr Flüge ab Weeze buchen. 2007 werden die Leipziger Richter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein Urteil fällen.

Zur Erinnerung: Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte die zivile Nutzung des ehemaligen britischen Militärflughafens mit Änderungsgenehmigung vom 20. Juni 2001 erlaubt. Basierend auf der Klage zahlreicher Anwohner und der niederländischen Gemeinde Bergen hatte das Oberverwaltungsgericht am 3. Januar 2006 diese flugrechtliche Genehmigung aufgehoben und eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht ausgeschlossen. Dagegen hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Beschwerde eingelegt, weil sie darin eine Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung sah.

Wenig überrascht zeigte sich gestern Regierungspräsident Jürgen Büssow von der Entscheidung: "Die Kritikpunkte des Oberwaltungsgerichts hatten nie ein solches Gewicht, dass die Genehmigung hätte aufgehoben werden müssen. Selbst Münster hatte die grundsätzliche Richtigkeit des Konversionsprojektes nie angezweifelt." Mit der Zulassung habe das BVerG den Weg frei gemacht, das "einschneidende Urteil des OVG in einem ausführlichen Verfahren rechtlich zu überprüfen", meint Büssow.

Der Flugbetrieb könne weitergehen, die Betreiber hätten ein Stück mehr Rechtssicherheit gewonnen: "Damit wird der Flughafen Niederrhein und das angebundene Gewerbegebiet für Investoren zunehmend attraktiver", gibt sich Büssow optimistisch. Dem kann Flughafen-Geschäftsführer Ludger van Bebber nur zustimmen: "Die Zulassung der Revision ist für uns, unsere Partner und unsere Kunden ein klares und richtiges Signal. Wir sind uns sicher, dass wir den Flughafen nun zügig weiterentwickeln können", betont van Bebber. Der überzeugt davon ist, dass auf dieser Basis Verhandlungen mit Airlines und den Investoren für den geplanten Logistik- und Gewerbepark weiter ausgebaut werden können.

Landrat Wolfgang Spreen, gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen Niederrhein GmbH, verbindet die Revision mit der Hoffnung auf eine dauerhafte und endgültige flugrechtliche Genehmigung. Und bittet die verbleibenden Kläger darüber nachzudenken, ob es "nicht auch andere Möglichkeiten für sie gibt, als dieses Verfahren fortzuführen". Zum Stand der Verhandlungen mit Investor Hermann Buurman in punkto Übernahme der Flughafenanteile von mindestens 51 Prozent durch den Kreis, gab sich Spreen politisch-diplomatisch: "Kreistagsbeschlüsse werden von der Verwaltung immer ausgeführt."

Den Kreis Klever Optimismus kann Ulrich Lau, Sprecher des OVG Münster, nicht teilen: Die BVerG-Formulierung, die Revision wegen "grundsätzlicher Bedeutung" zuzulassen, könne "alles und nichts" sagen. "Wir sehen das ganz gelassen, damit muss man leben". In welche Richtung sich das Verfahren entwickle, sei völlig offen. Es sei möglich, dass die Revision zugelassen wurde, um für ähnlich gelagerte Fälle das Bild abzurunden.

Ähnlich sehen das die juristischen Vertreter der mittlerweile heillos zerstrittenen Kläger: "Das ist keine Vorentscheidung", sagt Wolfram Tacke von der Moerser Kanzlei Madert, Wohlgemuth&Partner, die einen der Kläger vertritt. Der Homberger Anwalt Uwe Ring, der zwei andere Kläger vertritt, sagt, er warte nun "in aller Gelassenheit ab, was das Bundesverwaltungsgericht veranstaltet". Und falls die Leipziger Richter das Münsteraner Urteil kippten, gebe es da ja immer noch den Europäischen Gerichtshof, so Ring.

Das Gros der Kläger hat nach dem Streit mit Ex-Anwalt Bohl keinen juristischen Beistand: "Wir werden sofort einen Rechtsanwalt beauftragen", sagt Heike van Straelen, die Vorsitzende der Flughafen-Gegner."Ein guter Tag für den Flughafen und den Kreis Kleve"

Dr. Barbara Hendricks, Parlamentarische Staatssekretärin der SPD.

"Das ist eine richtungsweisende Entscheidung, die ich sehr begrüße. Das lässt auf ein positives Urteil hoffen." Ulrich Francken, Bürgermeister von Weeze.

"Ein wichtiger Erfolg. Ich bin sicher, dass es über diesen Weg gelingen wird, die flugrechtliche Genehmigung sicherzustellen."

Ronald Pofalla, CDU-Generalsekretär.

"Eine gute Nachricht und ein Etappensieg, der dahin gehen kann, dass Investoren und Flugbetreiber, die abgesprungen sind, Weeze wieder in Betracht ziehen."

Paul K. Friedhoff, FDP-Bundestagsabgeordneter.

"Eine positive Entscheidung für den Kreis Kleve und die Region. Wir gehen davon aus, dass das ein wichtiges Signal für eine weitere gute Entwicklung des Flughafens ist."

Ulrike Ulrich, CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzende.

"Ich freue mich riesig, auch wenn es noch nicht abschließend ist. Das gibt Schwung und Optimismus, den man für das Flughafenprojekt braucht. Wir sind gut vorbereitet und in der Lage, uns auf die notwendigen weiteren Schritte einzustellen."

Roland Katzy, SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzender.

"Mit Blick auf die juristische Argumentation frage ich mich nur: Wie haben die das denn geschafft?"

Ute Sickelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen.

"Einer der wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur Verwirklichung des Airports und des Logistik- und Gewerbeparks. Damit ist eine riesige Schwierigkeit aus dem Weg geräumt. Wir sind noch nicht am Ende des Weges, es ist noch vieles zu tun."

Peter Giltjes, FDP-Kreistagsfraktionsvorsitzender.

"Der Weg für eine höchstrichterliche Entscheidung ist nun frei. Das ist ein Etappensieg für den Flughafen Niederrhein"

Guido Gleißner, CDU-Fraktionschef, Weeze.

"Ich bin nicht ärgerlich darüber, nur verwundert"

Karl-Heinz Kandolf, Grünen-Fraktionssprecher, Kevelaer

01.02.2007 GABY BOCH JAN JESSEN